Wende im Ermittlungsfall zur Chemnitzer Messerattacke: Rund drei Wochen nach der Tötung eines 35-Jährigen ist einer der beiden Tatverdächtigen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das Amtsgericht Chemnitz hob den Haftbefehl gegen den 22-Jährigen Yousif A. auf. Das bestätigte Staatsanwältin Ingrid Burkhart.
Der zweite Tatverdächtige, der 23-Jahre alte mutmaßliche Syrer Alaa S., bleibt hingegen weiter in Haft. Gegen ihn bestehe nach wie vor dringender Tatverdacht. Die Umstände, die den Erlass eines Haftbefehls wegen gemeinschaftlichen Totschlags begründeten, hätten sich im Lauf der Ermittlungen gegen den Mann noch weiter verdichtet, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Zeugen hätten den Syrer als einen derjenigen erkannt, der ein Messer mit sich geführt habe.
Außerdem werde nach wie vor ein weiterer Tatverdächtiger gesucht, bei dem es sich um einen 22 Jahre alten mutmaßlichen Iraker handeln soll. Der Vorwurf lautet auf gemeinschaftlichen Totschlag. Wegen der laufenden Ermittlung wollte die Staatsanwaltschaft hierzu allerdings keine weiteren Auskünfte geben.
Ermittler bei Suche nach zweitem Messer erfolglos
Für eine Tatbeteiligung von Yousif A. hatten aus Sicht der Staatsanwaltschaft zunächst mehrere Indizien gesprochen. So sei er gemeinsam mit Alaa S., geflüchtet und später auch mit ihm festgenommen worden. Zeugen hatten zudem von zwei Tätern berichtet, die auf den 35-Jährigen Deutschen eingestochen hätten.
An einem gefunden Messer seien allerdings keine Spuren von Yousif A. gefunden worden. Wegen der Zeugenaussagen habe man schließlich den Verdacht gehabt, dass ein zweites Messer auf der Flucht weggeworfen worden sei. Dieses habe man allerdings bisher nicht gefunden.
Strafverteidiger: Beweislast „gleich null“
Der Strafverteidiger von Yousif A., Ulrich Dost-Roxin, hatte bereits vor der Erklärung der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sich ein Tatverdacht gegen seinen Mandaten nicht belegen lasse. Die Beweislast in dem Haftbefehl sei „gleich null“.
Dost-Roxin betonte, es sei „ein Phantasiegebilde der Staatsanwaltschaft“, dass sein Mandant einer der Mittäter gewesen sein könnte. „Das gravierend Schlimme an diesem Fall ist, dass die vollziehende Gewalt aber auch die Rechtsprechung, also in dem Fall die Gerichte, die Unschuldsvermutung im vorliegenden Falle über Wochen mit Füßen getreten haben“, sagte er. „So etwas darf sich nicht wiederholen.“
Wegen der „prekären Sicherheitslage in Sachsen“ hatte der Anwalt überdies Personenschutz für seinen Mandanten für die Zeit nach dessen Freilassung beantragt. Diesen wird er laut Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) aber wohl nicht bekommen. „Personenschutz für mutmaßliche Straftäter ist aus meiner Sicht nicht vorgesehen“, sagte Wöller.