Sportlich war es ein grandioser Abend für die englische Fußballnationalmannschaft in Bulgarien. Mit 6:0 fegten die „Three Lions“ ihren Gegner in Sofia vom Platz und rehabilitierten sich damit nach einer 1:2-Niederlage gegen Tschechien am Freitag. Gut war die Stimmung dennoch nicht, denn die Partie wurde von unschönen Zwischenfällen überschattet.
Bereits im Vorfeld kamen in der englischen Presse Bedenken über möglichen Rassismus der bulgarischen Zuschauer auf – zu Recht: Gleich zweimal musste die Partie unterbrochen werden, weil Bulgaren im Publikum den Hitlergruß zeigten und Englands Stürmer Raheem Sterling mit Affenrufen bepöbelten. Der Angreifer von Manchester City, der bereits in der Vergangenheit in England rassistisch attackiert worden war, wurde bei jedem Ballkontakt ausgebuht und beschimpft.
Nachdem Englands Kapitän Harry Kane sich auf Aufforderung seines dunkelhäutigen Mitspielers Tyrone Mings beim kroatischen Schiedsrichter Ivan Bebek in der 28. Minute darüber beschwerte, stoppte dieser die Partie für mehrere Minuten. Nach einer Durchsage des Stadionsprechers wurde das Spiel fortgesetzt, nur um in der 43. Minute erneut unterbrochen zu werden, da die Bulgaren weitermachten.
Bulgarien kämpfte im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis gegen die Briten
Mitgereiste englische Fans reagierten mit dem Singen der Nationalhymne „God Save The Queen“, worauf bulgarische Anhänger die Arme erneut zum Hitlergruß hoben. Vor allem Mitglieder der radikalen Hooligangruppe Lauta Army steckten hinter den Beschimpfungen. Von einer Militärdiktatur regiert, kämpfte Bulgarien im Zweiten Weltkrieg an den Seiten der Achsenmächte Nazi-Deutschland und Italien gegen Großbritannien und die USA, nicht jedoch gegen die Sowjetunion.
Sterling antwortete auf die Beschimpfungen unterdessen auf seine Art: Er schoss nach den beiden Unterbrechungen zwei Tore und hatte damit erheblichen Anteil daran, dass die bulgarischen Fußballer von England vorgeführt wurden. Nach dem Spiel schrieb er bei Twitter, er bemitleide Bulgarien dafür, „von solchen Idioten in ihrem Stadion repräsentiert zu werden.“
Mitspieler Mings, der ebenfalls beschimpft wurde, ergänzte im englischen Fernsehen: „Wir haben gemeinsam in der Halbzeit entschieden, unseren Fußball sprechen zu lassen.“ Chancen auf eine EM-Qualifikation hat Bulgarien durch die Niederlage nicht mehr – anders als das ebenfalls in der Gruppe spielende Kosovo.
Balakov leugnet jedwede Beschimpfungen
Vor der Partie in Sofia hatte der bulgarische Verbandspräsident erklärt, es gebe in seinem Land kein Rassismusproblem – und Nationaltrainer Krassimir Balakov, einst erfolgreich beim VfB Stuttgart aktiv, sagte, in England gebe es mehr Rassisten als in Bulgarien. Nach der Partie legte Balakov nach: „Ich habe keine Beschimpfungen gehört, das inakzeptable Verhalten kam nur von Englands Fans, die unsere bulgarische Hymne ausgepfiffen haben und dann unsere Fans beleidigten“, sagte er im TV-Interview.
Ganz anders trat dagegen Mannschaftskapitän Ivelin Popov auf: Dieser suchte von sich aus in der Halbzeit das Gespräch mit den Anhängern und forderte sie auf, die Beschimpfungen zu unterlassen.